Demenz, MEDIZIN(1)
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Demenz: Pflege und Betreuung kompakt Ihre kompetente Unterstützung für den richtigen Umgang mit Demenzkranken Ausgabe Januar 2009 G73063 Osteuropäische Helfer sind Angestellte Demenz versus Depression Bestimmt pflegen und betreuen auch Sie demenzkranke Menschen, die zu- sätzlich von einer osteuropäischen Haushaltshilfe betreut werden. en. Das Urteil ist ein Präzedenzfall, dem bundesweite Bedeutung zu- kommen dürfte. Liebe Leserin, lieber Leser, fällt es auch Ihnen schwer, eine De- pression und eine Demenz vonein- ander zu unterscheiden? Das ist kein Wunder, denn viele Demenzkranke zeigen als Begleitsymptom depres- sive Verstimmungen. Umgekehrt ist bei schwer depressiven Patienten häufig die geistige Leistungsfähigkeit herabgesetzt und es kommt zu Leis- tungseinbußen und Störungen des Denkens und der Sprache. Letzteres Phänomen ist unter dem Begriff „Pseudodemenz“ bekannt. Das be- deutet, dass der Patient aufgrund seiner depressiven Zustände unter schweren neuropsychologischen Einbußen leidet und eine sekundäre Demenz durch depressive Stim- mungslagen verursacht werden kann. Damit Sie die Unterschiede erkennen und in Ihrem täglichen Pflegealltag berücksichtigen können, erfahren Sie auf den Seiten 2 und 3 in dieser Ausgabe mehr zum Thema „Demenz und Depression“. Schätzungen zufolge kümmern sich derzeit bis zu 150.000 Frauen aus Osteuropa in deutschen Privathaus- halten um Pflegebedürftige – formal entweder als „entsandte“ Angestell- te einer ausländischen Firma oder gleich als angeblich selbstständige Haushaltshilfen. Letztere standen für die Behörden bisher schon unter dem Generalverdacht der Scheinselbst- ständigkeit. Nun hat das Amtsgericht München in der rechtlichen Grauzo- ne Klartext gesprochen. Dann sollten Sie die Angehörigen der Demenzkranken darauf hinweisen, dass die Beschäftigung von osteuro- päischen Haushaltshilfen für viele Be- dürftige schwerwiegende Folgen ha- ben könnte, wenn sie diese nämlich als selbstständige Haushaltshilfe be- schäftigen. Denn nach einem aktuellen Urteil des Amtsgerichts München ist es illegal, osteuropäische Pflegekräfte im Haus- halt als Selbstständige zu beschäfti- gen, da diese laut Gericht de facto abhängig tätig, also Angestellte des Haushalts sind. ■ Das Team von „Demenz: Pflege und Betreuung kompakt“ wünscht Ihnen ein schönes Weihnachtsfest Die Richter sind der Ansicht, das von selbstständiger Beschäftigung keine Rede sein kann, da es sich um Ange- stellte des jeweiligen Haushalts han- delt, die dann auch direkt den Wei- sungen ihres Kunden unterstellt sei- Inhalt: Mit den besten Wünschen Pflege & Medizin: Depressionen führen häufig zu einer Pseudodemenz . . . . . . . . . Seite 2 Ihre Betreuung & Aktivierung bei verändertem Verhalten: Realitätsorientierungstraining – Rettung aus der Orientierungslosigkeit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 4 Annett Urban und Swen Staack Chefredakteure „Demenz: Pflege und Betreuung kompakt“ Tipp des Monats: Winterzeit – schöne Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 6 Angehörigenarbeit & Selbstpflege: Emotionen und Gefühle in der Betreuung: Notwendig, aber auch gefährlich! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 6 Besuchen Sie uns im Internet unter: www.pflege-management.de Ihr aktuelles Passwort für den Exklusivbereich für Abonnenten: Angehoerige (gültig bis 27.01.09) Alles, was Recht ist: Fixierung: Im Akutfall erlaubt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 8 www.pflege-management.de Januar 2009 Seite 1 Pflege & Medizin Depressionen führen häufig zu einer Pseudodemenz Depression mit dementiellen Symptomen Wussten Sie, dass viele der über 60-Jährigen an behandlungsbedürf- tigen Depressionen leiden? Dann sollten Sie wissen, dass Depressionen im Alter dringend behandelt werden sollten, denn sie führen zu Betroffene auch unter einer Pseudo- demenz leiden kann. Bei einer Pseudodemenz treten häu- fig kognitive Störungen, Konzentra- tionsstörungen und Denkblockaden auf, und es ist keine Seltenheit, dass depressive Senioren die Symptome einer schweren Demenz zeigen. Häufig leiden depressive Patienten auch unter folgenden körperlichen Einschränkungen: erheblichen Einschränkungen in den Funktionen des täglichen Le- bens, Appetitlosigkeit, ● ● Schlafstörungen, ● verschlechtern erheblich die Ge- fahr zukünftiger körperlicher Er- krankungen, Doch bei näherer Untersuchung wird man feststellen, dass sie unkonzen- triert oder uninteressiert für ihre Um- gebung sind und daher neue Infor- mationen nicht mehr aufnehmen und behalten können. Sie können in aller Regel den Beginn der Gedächt- nisprobleme genau angeben und merken auch selbst, dass ihr Ge- dächtnis nachlässt. Sie leiden sehr darunter und beschäftigen sich aus- geprägt mit diesen Einschränkungen. Im Unterschied zur Demenz bleiben diese Veränderungen allerdings nur auf die depressive Phase beschränkt – also nach erfolgreicher Therapie sind sie nicht mehr nachweisbar. ● Antriebsverlust. ● Tests grenzen Depression und Demenz voneinander ab erhöhen das Sterblichkeitsrisiko und sind nicht selten auch ● das Zünglein an der Waage, wenn es um den Verlust der Selbstständigkeit geht. ● Depression und beginnende Demenz sind oft schwer zu unterscheiden, beide Störungen können gemeinsam vorliegen, im Zweifel muss ein Be- handlungsversuch bezüglich der De- pression unternommen werden. Außerdem kann ein geschulter Arzt anhand eines Screenings schnell fest- stellen, ob eine Demenz oder eine Depression vorliegt. Der „Test zur Früherkennung von Demenzen mit Depressionsabgrenzung“ (TFDD) wird am häufigsten zur Früherkennung von Demenzen und zur Abgrenzung der Demenzen von Depressionen verwendet. Umgekehrt erhöhen körperliche Er- krankungen das Risiko einer Depres- sion. Aber auch Einschränkungen der geistigen Leistungsfähigkeit und der Verlust von Teilen der sozialen Unter- stützung erhöhen die Gefahr einer Depression zunehmend. Verwechslungsgefahr mit leichter Demenz: Die Pseudodemenz Bei dementiellen Erkrankungen (z. B. Alzheimer-Erkrankung) ist der Abbau der Hirnleistungen dagegen dauer- haft. Das ganz besonders Tückische an Depressionen im Alter ist, dass der Übersicht: Typische Beeinträchtigungen Diagnose Aufmerksamkeit Gedächtnis Sprache Visuokonstruktion* M. Alzheimer stark beeinträchtigt stark beeinträchtigt deutlich beeinträchtigt deutlich beeinträchtigt Lewy-Body- Demenz deutlich beeinträchtigt beeinträchtigt beeinträchtigt stark beeinträchtigt Fronto-temporale Demenz stark beeinträchtigt beeinträchtigt deutlich beeinträchtigt beeinträchtigt Vaskuläre Demenz deutlich beeinträchtigt deutlich beeinträchtigt beeinträchtigt deutlich beeinträchtigt Depression beeinträchtigt beeinträchtigt nicht beeinträchtigt nicht beeinträchtigt * Visuokonstruktion (lat. visus = Sehen, Gesichtssinn) beschreibt die Fähigkeit, komplexe Formen oder Muster zu erkennen und zu reproduzieren (neben Buchstaben, Zahlen und Wörtern auch Symbole usw.). Störungen der Visuokonstruktion treten neben anderen kognitiven Einschränkungen z. B. im Verlauf der Alzheimer-Demenz auf (mittlere Phase). Quelle: Wikipedia. www.pflege-management.de Januar 2009 Seite 2 Pflege & Medizin Übersicht: Diese Unterschiede sollten Sie kennen Hinweise auf Depression Hinweise auf Demenz Beginn / Dauer Schneller Beginn Schleichender Beginn ● ● Dauert weniger als 6 Monate Erste Anzeichen liegen länger als ein Jahr zurück ● ● Leistungsverhalten Auffällige Leistungsschwankungen bei Aufgaben gleichen Schweregrades Meist gleichmäßige Leistungsminderung bei Aufgaben gleichen Schweregrades ● ● Allgemeinbefinden Klagsamkeit, „Ich weiß nicht“-Antworten Herunterspielen der Erkrankung ● ● Schlafstörung gute Leistungs- und Testmotivation ● ● Gewichtsverlust Defizite des Kurzzeitgedächtnisses ● ● Grübelzwang ● Suizidgedanken, Antriebsmangel ● Subjektives Versagen ● Psychomotorische Verlangsamung ● Orientierung Orientiert Desorientiert ● ● Leistungen allgemeine Leistungsschwäche, über die ge- klagt wird, oft detaillierte Schilderung der kognitiven Defizite umschriebene Fehlleistungen (Verlaufen, Desorientiertheit, Fehlbedienung von Gerä- ten); kognitive Werkzeugstörungen (Dys- praxie, visuell-räumliche Störung, Dysphasie, Dyskalkulie, Störung des abstrakten Den- kens) Alltagskompetenzen Gute Alltagskompetenz Schlechtes Abschneiden in Tests Schlechte Alltagskompetenz Schlechtes Abschneiden in Tests Ansprechen auf Therapie Kognitive Symptome verschwinden häufig nach Antidepressiva- oder / und Psycho- therapie Kognitive Symptome bleiben nach Antide- pressiva- und Psychotherapie erhalten, aller- dings kann es zu einer Besserung der Stim- mung kommen, wenn neben der Demenz auch eine Depression vorlag. Das können Sie tun, wenn Sie eine Depression vermuten Dieser Test besteht aus 2 Teilen und beinhaltet 9 Fragen zur Früherken- nung von Demenzerkrankungen. Al- lerdings hat das Testergebnis den Stel- lenwert einer Vorsorgeuntersuchung und ersetzt die genaue ärztliche De- menzabklärung nicht. Um sekundäre Demenzen und ande- re neurologische Erkrankungen aus- zuschließen, sind weitere Untersu- chungen nötig, die weit über den Rahmen eines Screening-Verfahrens (z. B. TFDD-Test) hinausgehen. Sie liefern eine differenzierte Beschreibung der kognitiven Beeinträchtigungen, ● ermöglichen eine Einschätzung des Schweregrades der Erkran- kung und ● Halten Sie unbedingt Rücksprache mit einem Neurologen oder Psy- chiater, denn Depressionen müs- sen dringend behandelt werden. ● liefern einen Ansatz für psychoso- ziale Therapiemaßnahmen sowie die Beratung der interessierten Angehörigen. ● Lassen Sie es nicht zu, dass die bei Patienten mit Depressionen mal vorhandenen Ressourcen verlo- ren gehen. Übernehmen Sie z. B. nicht einfach die Pflege, sondern motivieren, animieren und leiten Sie den Depressiven an. ● Hinweis: Eine Liste mit weiteren Tests finden Sie in der Ausgabe Au- gust 2008 von „Demenz: Pflege und Betreuung kompakt“. ■ Impressum: Demenz: Pflege und Betreuung kompakt Ihre kompetente Unterstützung für den richtigen Umgang mit Demenzkranken Erscheint monatlich im Verlag PRO PflegeManagement Einfach – Qualität – sichern Theodor-Heuss-Str. 2–4, 53177 Bonn Tel.: 02 28 / 95 50 13 0, Fax: 02 28 / 35 97 10 E-Mail: info@vnr.de, www.pflege-management.de ISSN:1863–6128 Postvertriebskennzeichen: G73063 Herausgeberin: Dipl.-Päd. Britta Becker, Bonn Chefredaktion: Annett Urban, Henstedt-Ulzburg, Swen Staack, Norderstedt Produktmanagement: Antje Hahn Beratende Fachkräfte: RA Christian Schuler, RWWD Hamburg; Justina Mendei; Thomas Schnieders Herstellung: Sebastian Gerber, Bonn Herstellungsleitung: Monika Graf, Bonn Satz: Hold Bürokommunikation, Weilerswist Druck: Weinmann Druck GmbH, Hockenheim-Talhaus © 2009 by Verlag PRO PflegeManagement, ein Unternehmensbereich der VNR Verlag für die Deut- sche Wirtschaft AG, Bonn, HRB 8165, Vorstand: Helmut Graf Bonn, Berlin, Salzburg, Zürich, Warschau, Bukarest, Moskau, London, Manchester, Madrid, Johannesburg „Demenz: Pflege und Betreuung kompakt“ ist unab- hängig. Alle Informationen wurden mit Sorgfalt er- mittelt und überprüft. Es kann jedoch keine Gewähr übernommen werden, eine Haftung ist ausgeschlos- sen. Vervielfältigungen jeder Art sind nur mit aus- drücklicher Genehmigung des Verlages gestattet. Alle Rechte vorbehalten. Umwelthinweis: Das Papier dieser Ausgabe ist 100 % chlorfrei gebleicht. www.pflege-management.de Januar 2009 Seite 3 Betreuung & Aktivierung bei verändertem Verhalten Realitätsorientierungstraining – Rettung aus der Orientierungslosigkeit? Das Krankheitsbild der Demenz ist in seinen Formen, seiner Ausprägung und seinen Stadien vielfältig. Dies erleben Sie in Ihrem Pflegealltag im- mer wieder. Betroffene verhalten sich trotz ähnlicher Diagnosen unter- schiedlich, Tagesform und Stimmun- gen spielen eine wichtige Rolle. Besonders tiefgreifend sind die Stö- rungen der Orientierung, da der Be- troffene den Bezug zur Realität ver- liert und in zunehmend stärkerem Maße auf Hilfe und Beaufsichtigung angewiesen ist, um sich selbst und anderen keinen Schaden zuzufügen. ein verhaltenstherapeutischer Ansatz, der in den 50-er Jahren zur Rehabili- tation von Kriegsopfern gedacht war und später auch in die Arbeit mit ver- wirrten Menschen in Pflegeheimen eingeführt wurde. ROT wurde in Form eines Trainings in der Betreuung De- menzkranker präventiv, begleitend und rehabilitativ zur Verbesserung der Orientierung angewandt. Einsetzbar ist das ROT im Anfangs- stadium der Erkrankung, da Fähig- keiten wie Lesen, Verstehen, Erin- nern und Konzentrieren in Ansätzen noch vorhanden sein müssen, um von den Hilfsmitteln profitieren zu können. ROT im Pflegealltag ROT ist ein 24-Stunden-Konzept, das die Umgebung und das Wohn- umfeld einschließt und bei jedem Kontakt eine Verbindung zur Realität herstellt. In Pflegeheimen und auch in der privaten Wohnung ist es mög- lich, den Wohnbereich und das Zim- mer so zu gestalten, dass die Umge- bung eine Orientierung erleichtert. In seiner ursprünglichen Form wird es heute nicht mehr angewendet. Der stark korrigierende Ansatz hat sich als nicht förderlich erwiesen, da er die Bedürfnisse der Betroffenen nicht wahrnimmt und ausschließlich die Realität der Gesunden zum Maß- stab nimmt. Der Schwerpunkt in der Arbeit mit dementen Menschen liegt heute in der Gestaltung des Wohn- umfeldes mit Orientierungshilfen und der Tagesstrukturierung, die auch Gruppenaktivitäten einbezieht. Neue- re Konzepte wie z. B. die Validation sind bei fortgeschrittener Erkrankung besser geeignet, um die Gefühlswelt Ihres Patienten zu verstehen. Diese Orientierungsstörungen treten bei Demenzkranken auf Zeitliche Orientierung: Bei Stö- rungen der zeitlichen Orientierung weiß der Betroffene nicht, in wel- chem Jahr / Monat er sich befin- det und welche Uhrzeit es ist. ● Beispiele: ● Große Uhren und Kalender Jahreszeitliche Dekoration ● Jahreszeitliche oder Persönliche Feste, z. B. Geburtstage ● Örtliche Orientierung: Bei Stö- rungen der örtlichen Orientierung geht die Orientierung im Stadtteil verloren, bei der räumlichen Orien- tierungsstörung werden auch die Zimmer der Wohnung oder die Wege auf dem Wohnbereich nicht mehr erkannt. ● Merkzettel an Gegenständen ● Stundenplan zur Erinnerung an die geplante Tagesstruktur ● Ausreichende Beleuchtung ● Diese 7 Zielsetzungen verfolgt das Realitätsorientierungstraining 1. Erhaltung und Förderung der geis- tigen Leistungsfähigkeit 2. Erhaltung und Förderung des Er- innerungsvermögens und der Merkfähigkeit 3. Erhaltung der noch vorhandenen Alltagskompetenz 4. Erhaltung und Förderung des so- zialen und gesundheitlichen Status 5. Erhaltung und Förderung von Konzentration und Orientierung 6. Reduktion von Angst und dem Gefühl des Verlassenseins 7. Vermeidung von Stürzen und Ge- fahren des täglichen Lebens Spiegel zur Wahrnehmung des äußeren Erscheinungsbildes ● Namensschilder an den Zimmer- türen, evtl. mit Bildern des Be- wohners aus früheren Zeiten ● Situative Orientierungsstörung: Bei situativen Orientierungsstö- rungen ist der Betroffene nicht mehr in der Lage, sich in einer Si- tuation angemessen zu verhal- ten. Dies führt zu erheblichen Problemen im Zusammenleben mit anderen Menschen, da das unangemessene Verhalten ● Farbliche und schriftliche Kenn- zeichnungen der Wege ● Türen mit eindeutigen Pikto- grammen, z. B. für Küche, Bade- zimmer oder WC ● Hinweis: Die orientierungsförderli- che Umgebung ist in stationären Ein- richtungen sogar ein wichtiger Quali- tätsaspekt bei einer Prüfung durch den MDK. zu Unverständnis führen kann. Orientierungsstörungen zur Per- son: Bei den Orientierungsstö- rungen zur Person ist der Mensch seiner Identität beraubt, er weiß nicht mehr, wer er ist und wer er war, und kennt seine Lebensge- schichte nicht mehr. ● ROT durch Mitarbeiter Geeignet ist ROT für Menschen mit ● Eingeschränkter Gedächtnisfähig- keit, Zusätzlich zur Gestaltung der Umge- bung ist es notwendig, dass alle Mit- arbeiter im Pflegeheim und im Pflegedienst den Betroffenen im täg- lichen Geschehen an die Realität er- innern, ohne ihn durch ein ständig korrigierendes Verhalten auf seine Wie kann das Realitätsorien- tierungstraining helfen? Orientierungsschwierigkeiten, ● Ängsten und Unsicherheiten in- folge von Desorientierung, ● Das Realitätsorientierungstraining, abgekürzt „ROT“, war ursprünglich Einschränkung der Alltagskompe- tenz mit einem Selbstpflegedefizit. ● www.pflege-management.de Januar 2009 Seite 4 Betreuung & Aktivierung bei verändertem Verhalten Defizite aufmerksam zu machen. Die Erinnerung an die Realität muss wie absichtslos aus dem normalen Ge- spräch erwachsen und darf keines- falls aufgesetzt oder schulmeisterlich erscheinen. Dies ist möglich, wenn der Mitarbeiter während der Pflege den Betroffenen mit seinem vollen Na-men anspricht, sich selbst vor- stellt und ein Namensschild mit Funktion trägt, locker plaudert und dabei z. B. die Jahreszeit, das Wetter, die Angehörigen erwähnt. Orientierung zum Inhalt hat. Bei der Gruppenbildung ist auf eine ange- nehme Atmosphäre zu achten, in der sich die Gruppenteilnehmer aufge- hoben fühlen. Es muss vermieden werden, durch Fragestellungen und Aktivitäten auf Defizite aufmerksam zu machen und die Teilnehmer zu unterfordern – oder zu überfordern. Im häuslichen Umfeld sind Aktivitä- ten, z. B. mit dem Ehepartner, leicht in die Gestaltung des Alltags einzubin- den. Diese Angebote sollen anregen, Tätigkeiten auszuüben, die dem Be- troffenen aus der eigenen Lebensge- schichte vertraut sind. Sie sollten Teil der alltäglichen Selbstversorgung sein. ven Gemeinschaftserlebnisse bleibt lange erhalten, auch wenn der Be- troffene dies nicht mehr verbal aus- drücken kann. Je mehr Freude der Betreuer oder Pflegende bei den Ak- tivitäten empfindet, desto besser kann er die Betroffenen einbeziehen. Hinweis: Die Teilnehmer müssen ein positives Erlebnis zu zweit oder in der Gruppe erfahren, die Struktur des Angebotes darf nicht starr an dem Versuch der Realitätsorientierung ausgerichtet sein. Die individuellen Bedürfnisse und Möglichkeiten der Teilnehmer stehen immer im Mittel- punkt des Geschehens. Eine Verbesse- rung der geistigen Leistungsfähigkeit kann nur dann erreicht und aufrecht- erhalten werden, wenn die Angebote regelmäßig stattfinden. Hinweis: Es ist niemals sinnvoll, den Betroffenen aus seiner eigenen Rea- lität zu zerren, da dies für den Kran- ken nicht nachvollziehbar ist und die Gefühle des Betroffenen in keiner Weise respektiert. Ständiges Korri- gieren kann zu Versagensgefühlen, Ängsten und Rückzug führen. Das können Inhalte sein: ● Gemeinsames Lesen und Disku- tieren der Tageszeitung Gespräche über aktuelle kulturel- le Ereignisse in Verbindung mit Erinnerungsarbeit ● ROT durch Aktivität an der frischen Luft ROT durch Gruppenarbeit Verbindung mit Hilfe der Musik zu musikalischen Erfahrungen der Teilnehmer von früher ● Das so genannte „Classroom-ROT“ informiert die Betroffenen in Grup- pensitzungen über ihre Umgebung und versucht, die Orientierung durch gemeinsame Aktivitäten zu fördern und zu verbessern. Solange die Mobilität erhalten ist, gehen Sie mit den Betroffenen regel- mäßig spazieren; dies ist die beste Orientierung an der Realität. Erfah- ren Sie die Jahreszeiten hautnah, auch bei schlechtem Wetter, besu- chen Sie bekannte Ecken des Stadt- teils, gehen Sie zum Markt und ins Café: Dies alles weckt die Erinnerung an das frühere Leben und ergänzt das Konzept des ROT um den Aspekt der Sinnesanregung. Essensvorbereitung, Kochen, Ab- waschen ● Handarbeiten, Gartenarbeiten, handwerkliche Arbeiten ● Dieses Verfahren kann in modifizier- ter Form in Pflegeheimen und Tages- pflegen durchgeführt werden, da dort in der Regel Gruppenarbeit statt- findet, die auch die Förderung der Beim Aktivieren ist es wichtig, Fremd- antrieb in Eigenantrieb umzuwan- deln und durch positive Erfahrungen Motivation zu erzeugen und zu er- halten. Die Erinnerung an die positi- ✓ Checkliste: So gehen Sie vor, wenn Sie ROT im Pflegealltag anwenden möchten ❑ Prüfen Sie das Umfeld auf orientierungsfördernde Elemente. ❑ Schreiben Sie auf, welche Elemente fehlen (z. B. Uhren, Kalender, Zeitungen). ❑ Sprechen Sie Angehörige an, bei der Gestaltung des Umfeldes mitzuwirken. ❑ Achten Sie auf jahreszeitlich angepasste Dekoration. ❑ Planen Sie die Tagesstruktur unter Berücksichtigung förderlicher Aktivitäten. ❑ Schaffen Sie ein anregendes Umfeld, das Sicherheit und Zuwendung vermittelt. ❑ Gehen Sie behutsam vor, sorgen Sie für positive Erlebnisse. ❑ Akzeptieren Sie die Welt des Betroffenen als seine eigene Realität. ❑ Vermeiden Sie schmerzliche Hinweise auf Defizite des Betroffenen. ❑ Prüfen Sie stets, welchen Wert und welche Bedeutung das Wissen um die Realität für den Betroffenen hat. ❑ Erkennen Sie, wann die Orientierung nicht mehr hergestellt werden kann und welche anderen Konzepte, wie Validation oder Basale Stimulation, dann wirksam werden können. ❑ Hinweis: Es ist unerheblich, ob der Betroffene in einem Pflegeheim lebt oder von Angehörigen und einem ambulanten Pflegedienst betreut wird, da ein anregendes Umfeld mit motivierenden Aktivitäten unabhän- gig von der Wohnform und Betreu- ung hergestellt werden kann. Die Autorin: Petra Kraft ist Diplom- gerontologin / Diplompädagogin und als Qualitätsmanagerin in Hamburg tätig. Neben dieser Tätigkeit ist sie für ambulante Dienste und Tagespflegen als externe Qualitätsmanagerin tätig. Kontakt: petra.kraft@freenet.de ■ www.pflege-management.de Januar 2009 Seite 5 [ Pobierz całość w formacie PDF ] |