David Morrell -- Testament

David Morrell -- Testament, Morrell David
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DAVID MORRELL
TESTAMENT
Roman
Deutsche Erstveröffentlichung
WILHELM HEYNE VERLAG
MÜNCHEN
HEYNE ALLGEMEINE REIHE
Nr. 01/6682
Titel der amerikanischen Originalausgabe
TESTAMENT
Deutsche Übersetzung von Sepp Leeb
Scanned by Doc Gonzo
2. Auflage
Copyright © 1975 by David Morrell
Copyright © der deutschen Übersetzung 1986
by Wilhelm Heyne Verlag GmbH & Co. KG, München
Printed in Germany 1986
Umschlaggestaltung: Atelier Ingrid Schütz, München
Satz: IBV Satz- und Datentechnik GmbH, Berlin
Druck und Bindung: Presse-Druck Augsburg
ISBN 353-02287-4
Diese digitale
Version ist
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und nicht für den
Verkauf bestimmt
 ERSTER TEIL
1
Es war der letzte Morgen, den sie noch alle vier gemeinsam
verbringen sollten - der Mann und seine Frau, seine Tochter
und sein Sohn. Der Junge war erst ein Baby, das Mädchen ging
noch in die Grundschule. Aber das war jetzt gleichgültig. Im
Augenblick zählte das alles nicht. Es brach fast auf komische
Weise über sie herein - der Mann saß am Frühstückstisch, seine
bloßen Füße auf dem kalten Holzfußboden, und blickte zum
Herd hinüber, wo er die Katze in ihr Milchschälchen treten sah.
Sie war eine ausgesprochen dumme Siamkatze. Sie schlief mit
Vorliebe auf dem Fernseher, wenn er warm war, aber da sie
sich im Schlaf ständig herumwälzte, fiel sie häufig herunter,
und wenn sie dabei in den Spalt zwischen der Rückwand des
Fernsehgeräts und der Wand geriet, krallte sie mit ihren Pfoten
wie verrückt um sich, um sich aus ihrer Zwangslage zu
befreien, wobei ihre blauen Augen in ängstlichem Entsetzen
über den Rand des Fernsehers starrten. Außerdem übten
Flammen auf das Tier eine anscheinend unwiderstehliche
Anziehungskraft aus, so daß es manchmal so nahe an der
Kerzenflamme schnupperte, daß seine Barthaare Feuer fingen.
Und jetzt konnte das blöde Vieh nicht einmal mehr trinken.
Fast schämte sich der Mann für die Katze, und beinahe hätte er
gelacht, als sie versuchte, wieder aus dem Milchschälchen zu
kommen, ihre Schnauze mit Milch bekleckert. Aber das
Lachen blieb ihm im Hals stecken. Ihre Vorderbeine knickten
ein, so daß sie neuerlich in die Milch plumpste, und dann
streckte sie plötzlich krampfhaft zuckend alle Viere steif von
sich.
Nur ganz langsam entspannten sie sich wieder.
Mit einem Stirnrunzeln ging er hin und sah auf sie hinunter.
Reglos lag das Tier in einer Pfütze Milch, die sich aus der
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umgestürzten Schale auf den Boden ergossen hatte. Als er die
Katze hochhob, kreiselte die Schale, vom Gewicht des Tieres
befreit, mit einem hohlen Geräusch auf dem Boden. Die Katze
war eigentümlich schlaff und schwer; die Augen waren
geöffnet, der Kopf hing kraftlos herunter. Seine Hände waren
von dem milchgetränkten Fell sofort naß. Milch tropfte in die
Pfütze auf dem Boden.
»Mein Gott«, hauchte der Mann.
Claire hatte bisher noch nichts von dem Vorfall bemerkt; sie
war vollauf damit beschäftigt, das Baby in den Babystuhl zu
setzen und seine Milch warm zu machen. Nun wandte sie sich
aber doch um und blickte ihn mit einem verwunderten
Stirnrunzeln an. »Aber als ich sie heute morgen aus dem Haus
gelassen habe, war ihr doch noch gar nichts anzumerken.«
»Vati, was ist denn mit Samantha?« wollte nun auch Sarah
wissen. Noch im Pyjama, schaute sie über die Lehne ihres
Stuhls, den Kopf leicht zur Seite geneigt. »Ist sie krank? Was
fehlt ihr denn?« Sie sprach langsam und ruhig, aber an der Art,
wie sie ihre Augen zusammenkniff, war zu erkennen, daß sie
sich Sorgen machte. Die Katze gehörte ihr. Sie durfte in ihrem
Bett schlafen, und Sarah hatte sogar einen kleinen Reim auf
ihre Katze gedichtet:
Katze, Katze hat 'nen Schwanz Und die Hose fehlt ihr ganz.
»Geh auf dein Zimmer, Liebling«, forderte ihr Vater sie auf.
»Aber was fehlt Samantha denn?« »Du sollst auf dein
Zimmer gehen, habe ich gesagt.« Der Mann konnte sich recht
gut vorstellen, was passiert war. Die Katze war schon draußen
gewesen. Und wütend fiel ihm dabei der alte Mann ein, der
zwei Häuser weiter wohnte und Samantha immer mit zwei
anderen Siamkatzen aus der Nachbarschaft verwechselte, die
hin und wieder auf Singvögel und Eichelhäher Jagd machten.
Erst gestern hatte der alte Mann Sarah wieder einmal zur Rede
gestellt, als sie mit Samantha im Arm verlegen die Straße
hinuntergeschlichen war. »Hör mal, Kleine, du behältst deine
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